Unserem Büro ist eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung des Berliner Rechtsanwalts Imanuel Schulz vorgelegt worden. Herr Schulz vertritt sich darin nicht selbst, sondern hat die Kanzlei Ringo Knetsch, Karl-Marx-Str. 108, 12043 Berlin mit seiner Interessenswahrnehmung beauftragt. Abgemahnt wurde eine Agentur, die „Dienstleistungen bezüglich der Beanstandung und Löschung von Google-Bewertung“ beworben hätte. Herr Rechtsanwalt Schulz sei Mitbewerber dieser Agentur, da er jährlich unter der Webseite dein-ruf.de mehrere hunderte Bewertungen für Auftraggeber beanstanden würde. Unser Mandant würde im Ergebnis eine erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 RDG anbieten, weil die Löschung von Bewertungen stets eine rechtliche Prüfung voraussetzen würde. Unser Mandant sei kein Rechtsanwalt und müsse daher eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben und soll Abmahnkosten aus § 13 Abs. 3 UWG nach einem Streitwert in Höhe von 15.000,00 Euro an Rechtsanwalt Knetsch erstatten.
Dürfen Agentur im Auftrag Bewertungen löschen lassen?
Das Geschäftsmodell mit der Entfernung von Bewertungen aus dem Internet brummt. Es gibt zwischenzeitlich diverse Anbieter am Markt. Sofern diese Services eine rechtliche Überprüfung erforderlich machen, also eine Prüfung ob Beseitigungs-, Löschungs- und Unterlassungsansprüche gegen ein Bewertungsportal bestehen oder nicht, wird man von der Erbringung erlaubnispflichtiger Rechtsdienstleistungen ausgehen müssen. Diese sind der Rechtsanwaltschaft, also niedergelassenen Rechtsanwälten vorbehalten. Wenn es hingegen darum geht, als Handlungsbeauftragter eines Unternehmens auf einem Portal wie Google eine Beschwerde im Namen und in Vollmacht eines Unternehmens einzureichen (und dadurch die Löschung einer Bewertung zu bewirken), dann muss darin noch keine erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung liegen. Der Grad, das eine vom anderen zu unterscheiden, ist relativ schmal.
Einstweilige Verfügung vor dem Landgericht Hamburg beantragt
Rechtsanwalt Schulz und Rechtsanwalt Knetsch haben dann gegen unseren Mandanten eine einstweilige Verfügung vor dem Landgericht Hamburg beantragt. Der Antrag zielte auf ein Verbot gegen unseren Mandanten, die angebotenen Dienstleistungen in Bezug auf die Beanstandung von Google-Bewertungen weiter zu bewerben beziehungsweise anzubieten. Es war unter keinem Gesichtspunkt eine Option für unseren Mandanten, zuvor freiwillig eine Unterlassungserklärung abzugeben. Das Landgericht Hamburg erließ die Verfügung zunächst nicht, weil es Zweifel am Antrag hatte und terminierte stattdessen eine mündliche Verhandlung. Dort konnten die streitenden Parteien sich schließlich verständigen und einen Vergleich schließen.
Erstattung von Abmahnkosten dürfte ausgeschlossen sein
Die Erstattung der geforderten Abmahnkosten in Höhe von 973,66 Euro dürfte hingegen ausgeschlossen sein. Unserer Auffassung nach hätte Rechtsanwalt Schulz die Abmahnung auch selbst aussprechen können und dafür nicht eigens die Kanzlei Knetsch beauftragen müssen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte dazu im Jahr 2006 festgestellt (GH, Urteil vom 12. Dezember 2006 – VI ZR 175/05)
„ Im Wettbewerbsrecht ist die Beauftragung eines Anwalts für Abmahnungen – sowohl unter dem Gesichtspunkt einer Geschäftsführung ohne Auftrag als auch unter schadensersatzrechtlichem Blickwinkel – nicht erforderlich, wenn bei typischen, unschwer zu verfolgenden Wettbewerbsverstößen der Abmahnende über hinreichende eigene Sachkunde zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung verfügt (BGH, Urteil vom 6. Mai 2004 – I ZR 2/03 – NJW 2004, 2448 „Selbstauftrag“). Diese wird vom Gesetzgeber insbesondere bei Einrichtungen im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 UWG vorausgesetzt (vgl. Begr. RegE UWG-Novelle 2004, BT-Drs. 15/1487, S. 25, zu § 12 Abs. 1). Das entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 12. April 1984 – I ZR 45/82 – NJW 1984, 2525 „Anwaltsabmahnung“), nach der auch größeren Wirtschaftsunternehmen mit eigener Rechtsabteilung und Rechtsanwälten im Fall der eigenen Betroffenheit regelmäßig zuzumuten ist, Abmahnungen selbst auszusprechen (BGH, Urteil vom 6. Mai 2004 – I ZR 2/03 – aaO; ebenso OLG Düsseldorf, MMR 2006, 559, 560; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, aaO, § 9 Rn. 1.29 und § 12 Rn. 1.93; Hess in: Ullmann jurisPK-UWG, § 12 Rn. 29; Brüning in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 12 Rn. 85; Boesche, Wettbewerbsrecht, Rn. 156).“
Betrachtet man die verschiedenen Internetauftritte von Rechtsanwalt Schulz, dann wird deutlich, dass eine Beauftragung des Berliner Bürokollegen nicht erforderlich gewesen ist.
Auch Abmahnung erhalten von Kanzlei Ringo Knetsch aus Berlin?
Haben Sie ebenfalls eine UWG-Abmahnung von Rechtsanwalt Ringo Knetsch erhalten und werden aufgefordert, die Dienstleistungen Ihrer Agentur sofort einzustellen und eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben? Versuchen Sie die Ruhe zu bewahren, auch wenn der Abmahner vorgibt, dass Ihr Fall längst in vergleichbarer Konstellation von einem Gericht entschieden worden wäre und es für den Abmahner quasi ein Selbstläufer sei. Achten Sie aber unbedingt auf die Ihnen gesetzten Fristen. Nutzen Sie während der Fristen unser Angebot einer kostenlosen Erstberatung. Wir hatten bereits mit dem Abmahner zu tun und können Ihre Situation einschätzen. Erst danach entscheiden Sie allein und in aller Ruhe, ob Sie uns mit Ihrer Verteidigung gegen den Abmahner beauftragen möchten. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.
Ihr Rechtsanwalt Tobias Kläner