Regelmäßig werden unserem Büro Datenschutzabmahnungen wegen der Einbindung von Google Fonts vorgelegt. Jüngst wurde eine Mandantin durch Herrn Loris Bachert aus Mosbach abgemahnt. Erstaunlicherweise gibt Herr Bachert in der Abmahnung nicht einmal seine eigene Anschrift preis, sondern agiert ausschließlich über ein Postfach. Herr Bachert behauptet in der Abmahnung ein Programm entwickelt zu haben, welches die Webseite des Abgemahnten aufgerufen und dort „automatisch alle Datenanfragen zum Laden Ihrer Webseite ausgewertet“ hätte. Der „digitale Fingerabdruck“ des Herrn Bachert sei gegenüber Google offengelegt worden. Es wären unter anderem die dynamische IP-Adresse, die eingestellte Sprache, Bildschirmauflösung und die auf dem Endgerät installierten Schriftarten an Google übermittelt worden. Herr Bachert forderte von unserer Mandantin die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Ein vorformuliertes Muster liegt der Unterlassungserklärung bei.
Was sind eigentlich Google Fonts?
Unter der URL https://fonts.google.com/ bietet Google Webseitenbetreibern diverse Schriftarten zur kostenlosen Benutzung an. Werden eine oder mehrere Schriften vom Webseitenbetreiber genutzt kann bei Betreten der Webseite eine Verbindung mit den Servern des Anbieters Google aufgebaut werden. In diesem Zuge kann u.a. die IP-Adresse des Webseitenbesuchers an Google übermittelt werden. Bei dynamischen IP-Adressen handelt es um personenbezogene Daten, da anhand der IP-Adresse jedenfalls theoretisch der jeweilige Anschlussinhaber und dessen Anschrift ermittelt werden kann. Solche Personenermittlungen kennt man etwa aus dem Bereich der Filesharing-Abmahnungen. Dort spüren speziell entwickelte Softwareanwendungen innerhalb von P2P-Tauschbörsen IP-Adressen von Nutzern auf, die urheberrechtswidrig Werke innerhalb der Tauschbörsen anbieten. Mit den jeweiligen IP-Adressen ziehen die Rechteinhaber dann vor Gereicht und verpflichten die zugeordneten Anbieter (zum Beispiel Vodafone oder Telekom) zur Herausgabe der Daten des jeweiligen Anschlussinhabers.
Einwilligung oder Vorliegen berechtigten Interesses erforderlich
Eine Übermittlung dieser personenbezogenen Daten an Google ist demnach nur zulässig, wenn der Betroffene dazu eingewilligt hat oder die berechtigten Interessen des Webseitenbetreibers die Interessen des Webseitenbesuchers überlagern, Art. 6 DS-GVO. Zwar könnte man argumentieren, dass der Webseitenbesucher selbst entscheiden kann eine beliebige Webseite zu besuchen oder nicht und damit die Verarbeitung personenbezogener Daten quasi selbst in der Hand hat. Das Landgericht München I hat jedoch Anfang 2022 in einer vielbeachteten Entscheidung befunden, dass keine berechtigten Interessen des Webseitenbetreibers an einer Datenverarbeitung ohne vorherige Einwilligung bestehen:
„[…] Es liegt auch kein Rechtfertigungsgrund für den Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht vor. Ein berechtigtes Interesse der Beklagten i.S.d. Art. 6 Abs. 1 f) DS-GVO, wie von ihr behauptet, liegt nicht vor, denn Google Fonts kann durch die Beklagte auch genutzt werden, ohne dass beim Aufruf der Webseite eine Verbindung zu einem Google-Server hergestellt wird und eine Übertragung der IP-Adresse der Webseitennutzer an Google stattfindet. […] „
Auch das OLG Frankfurt am Main ist der Auffassung, dass in entsprechenden eine Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegt und diese im Wege eines Unterlassungsanspruchs aus §§ 823, 1004 BGH justiziabel, also gerichtlich einklagbar wäre:
„[…] 1. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassen der im Berufungsantrag zu II. genannten Handlungen aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i. V. m. Art. 6 Abs. 1 DSGVO oder § 17 Abs. 1 DSGVO i. V. m. Art. 6 Abs. 1 DSGVO wegen eines rechtwidrigen Eingriffs in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht und Verletzung von Art. 6 Abs. 1 DSGVO durch die ehemalige Beklagte zu 2). […]“
Was ist die Intention der DSGVO-Abmahner?
Zu Recht wird man sich fragen müssen welches Ziel die DS-GVO-Abmahner wie Loris Bachert eigentlich verfolgen. Wir erkennen die Gefahr eines Abmahnmissbrauches. Vermeintliche DS-GVO-Verstöße sind schnell recherchiert. Mithilfe von Textbausteinen können Abmahner im Prinzip hunderte Abmahnungen pro Tag versenden. Und so scheint es auch zu sein. Die österreichischen Rechtsanwälte Harald Christiandl und Marcus Hohenecker haben in den vergangenen Monaten etliche DS-GVO-Abmahnungen aussprechen lassen. Das Internet ist voll mit entsprechenden Berichten. Möglicherweise kalkulieren die Abmahner langfristig und sammeln zunächst Unterlassungserklärungen ein. Aus Abmahnwellen der Vergangenheit ist bekannt, dass dann in einem zweiten und zeitversetzten Schritt von den Abmahnern geprüft wird, ob gegen die Unterlassungserklärungen verstoßen wurde. In einem solchen Fall können teure vierstellige Vertragsstrafen fällig werden.
Was tun bei einer Google Fonts Abmahnung?
Sind Sie auch Betroffener einer DS-GVO Abmahnung durch Herrn Bacher oder durch die Kanzleien Harald Christiandl und Marcus Hohenecker und sollen binnen einer knappen Frist eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben? Bewahren Sie die Ruhe und machen sich klar, dass die Abgabe einer Unterlassungserklärung wohl überlegt sein muss. Es ist in diesen Fällen stets auch eine strategische Option die geforderte Erklärung nicht abzugeben. Dies hängt sehr vom Einzelfall, also Ihrer individuellen Situation und dem jeweiligen Abmahner ab. Nutzen Sie die Ihnen gesetzte Frist und lassen sich währenddessen qualifiziert von einem spezialisierten Rechtsanwalt beraten. Rechtsanwalt Kläner ist Experte im Datenschutzrecht und hat in Vergangenheit beim Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit gearbeitet. Profitieren Sie von unserem Knowhow. Die Ersteinschätzung ist für Sie völlig kostenfrei. Wir freuen uns über Ihre Kontaktaufnahme.
Ihr Rechtsanwalt Tobias Kläner