In der letzten Zeit haben sich immer wieder Shopbetreiber von der Plattform Etsy bei mir gemeldet, weil sie eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung erhalten haben. Etsy ist so etwas wie die legitime Nachfolgerin der zwischenzeitlich beendeten Plattform DaWanda. Und dort gab es in der Vergangenheit immer wieder Abmahnwellen. Betroffen sind meist kleinere und Kleinstbetriebe. Mitunter solche, die nur Artikel im Angebot haben. Aber selbst dann trifft die Shop-Betreiber die volle Wucht des Fernabsatzes mit all seinen Informationspflichten. Mit anderen Worten: Der kleine Etsy-Händler muss rechtlich genauso viel richtig machen wie ein größerer Onlineshop. Und er kann die Verantwortung dafür nicht auf Etsy selbst auslagern
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Was sind die beliebtesten Abmahngründe auf Etsy?
Momentan scheint es hauptsächlich um die Themen Widerrufsbelehrung-/Musterwiderrufsformular und Textilkennzeichnung zu gehen. Die hier vorliegenden Abmahnungen beanstanden, dass die von den Händlern verwendeten Widerrufsbelehrungen veraltet wären und zum Teil kein Musterwiderrufsformular bereit gestellt würde. Gut im Rennen ist auch die Kennzeichnung „Merinowolle“ für entsprechende Textilien, die gemäß der EU-Textilkennzeichnungsverordnung so nicht deklariert werden dürfe. Stattdessen sei die Bezeichnung „Wolle“ zu verwenden. Hinzu kommen Abmahnklassiker, wie ein fehlender Hinweis (Link) zur Streitschlichtungsplattform der EU-Kommission, auch als OS-Link bekannt. Oder fehlerhafte Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) der Shopbetreiber.
Was wird von den Abgemahnten verlangt?
Das abmahnende Unternehmen macht meistens einen sogenannten Unterlassungsanspruch geltend. Anspruchsgrundlage dafür ist § 8 des Gesetzes gegen den Unlauteren Wettbewerb, kurz UWG. Der abgemahnte Shopbetreiber soll binnen einer kurzen Frist eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben. Damit wird ein teures gerichtliches Verfahren verhindert. Wie teuer bereits eine kleine wettbewerbsrechtliche Streitigkeit vor Gericht werden kann, zeigt folgende Grafik. Wir legen hier einen für wettbewerbsrechtliche Abmahnungen geringen Streitwert in Höhe von 10.000,00 € zugrunde:
Das bedeutet, dass das Kostenrisiko bereits für eine verlorene Instanz über 4.000,00 € beträgt. Für die meisten Etsy-Shopbetreiber ist das „eine Menge Holz“, so dass genau darüber nachgedacht werden sollte, ob man einen Rechtsstreit riskiert. Die Alternative ist allerdings nicht unbedingt verlockender. Von der geforderten strafbewehrten Unterlassungserklärung gehen beträchtliche wirtschaftliche Risiken für den Abgemahnten aus. Es drohen im Verstoßfall hohe Vertragsstrafen. Das richtige Vorgehen im Einzelfall ist eine Strategiefrage und sollte genau analysiert werden.
Die Abmahnkosten
Zusätzlich zum Thema Unterlassung will der Abmahner natürlich auch noch Abmahnkosten erstattet haben. Bei dem eben zitierten Streitwert von 10.000,00 € würde der Abmahner nach § 12 UWG in Verbindung mit den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) folgende Rechnung aufmachen:
2300 VV RVG 1,3 = 725,40 €
7002 VV RVG Postentgeltpauschale = 20,00 €
7008 VV RVG Mehrwertsteuer, 19 % = 141,63 €
Es errechnet sich ein Gesamtbetrag in Höhe von 887,03 €. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem 2016 veröffentlichtes Urteil durchblicken lassen, dass die Mehrwertsteuer vom Abgemahnten grundsätzlich mit zu erstatten ist. Dies aber nur gegen Rechnung des Abmahners. Das bedeutet: Der Abmahner hat dem Abgemahnten im Fall der berechtigten Abmahnung eine die Umsatzsteuer ausweisende Rechnung auszustellen. Begründung der Finanzrichter: Mit der Abmahnung würde der Abmahner die Interessen des Abgemahnten wahrnehmen, so dass die Abmahnung zu behandeln sei, als hätte der Abgemahnte diese beauftragt. Kaum zu glauben, aber wahr.
Auch Etsy-Abmahnung erhalten?
Sind Sie Shopbetreiber auf Etsy und haben ebenfalls eine Abmahnung erhalten? Reagieren Sie nicht voreilig. Nehmen Sie keinen Kontakt zum Abmahner auf. Im Zweifel geht die Kontaktaufnahme zu Ihren Lasten. Etwa, wenn Sie dadurch unnötig die Verjährung unterbrechen. Oder etwas unterschreiben, was Ihnen nachteilig ist. Die in der Abmahnung gesetzten Fristen sollten jedoch beachtet werden. Lassen Sie die Abmahnung innerhalb der Ihnen gesetzten Frist von einem spezialisierten Rechtsanwalt überprüfen. Meine Kanzlei bietet den Abgemahnten bundesweit eine kostenlose Ersteinschätzung an. Über Ihre Kontaktaufnahme freue ich mich.
Ihr Rechtsanwalt Tobias Kläner