OLG Naumburg stärkt Coaching-Anbieter

KLÄNER Rechtsanwälte erstreiten Pro-Coaching-FernUSG-Urteil am OLG Naumburg
Das war ein hartes Stück Arbeit für unsere Mandantin. Am Ende konnten wir das Oberlandesgericht Naumburg in der zweiten Instanz aber überzeugen, dass ein Steuer-Online-Coaching kein Fernunterricht und das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) auf den Coaching-Anbieter nicht anwendbar ist. Der Anbieter braucht daher keine Lizenz beziehungsweise Zertifizierung der Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) und muss auch nicht befürchten, dass seine Verträge aus den letzten Jahren nichtig und nachträglich angreifbar sein könnten.
Oberlandesgericht korrigiert Fehlbeurteilung des Landgerichts
Die Richter der ersten Instanz vom Landgericht Dessau-Roßlau hatten all das noch anders beurteilt (Urt. v. 8.3.2024 – Az. 4 O 181/23). Sie waren der Auffassung, dass das Steuercoaching unserer Mandantin unter die Regelungen des FernUSG fallen würde. Es ging insbesondere davon aus, dass die Parteien des Coachingvertrags auch eine sogenannte Lernerfolgskontrolle vereinbart hätten, weil die Coachingteilnehmer unserer Mandantin Fragen hätten stellen können.
„[…] Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Voraussetzung „Überwachung des Lernerfolges“ erfüllt. An mehreren Stellen des Vertrages wird auf Fragemöglichkeiten des Teilnehmers an Experten der Klägerin zu Inhalten des Steuercoachings hingewiesen, so etwa:
„Umfangreiche Q&As für die Teilnehmer im Rahmen der Gestaltungsmodelle und der unterschiedlichen Lebenssituationen“
„Live-Webinare, auf denen Du Fragen an Experten und Spezialisten zu den Inhalten des Steuercoachings stellen kannst, so dass sichergestellt ist, dass Du wirklich alles verstanden hast“. […]“
Das Landgericht machte es sich also denkbar einfach. Unserer Auffassung nach wurde der zugrunde liegende Einzelfall nicht hinreichend beziehungsweise gar nicht geprüft. Denn entscheidend für die Annahme des Tatbestandsmerkmals der Lernerfolgskontrolle ist stets, ob die Parteien tatsächlich eine solche vereinbaren wollten – oder nicht. Das Oberlandesgericht Naumburg korrigierte diese Fehleinschätzung nun mit Urteil vom 26.11.2024 – Az. 1 U 41/24 und stellte fest:
„[…]Anders als im vom BGH entschiedenen Fall werden Begriffe wie „Studium“ und „Lehrgang“ jedoch nicht verwendet. Die Freischaltung der acht Module erfolgt im 14tägigen Rhythmus. Die Freischaltung des nächsten Moduls ist also nicht abhängig davon, dass der Teilnehmer die Inhalte des aktuellen Moduls zur Kenntnis genommen bzw. aufgenommen hat. Die Überwachung eines konkreten Lernerfolges schuldete die Klägerin nach dem Vertrag nicht. Vielmehr räumte sie dem Teilnehmer die Möglichkeit ein, individuelle Fragen zu den Inhalten des Steuercoachings zu stellen, was keine Lernerfolgskontrolle darstellt (vgl. auch OLG Schleswig-Holstein Urteil vom 5. Juli 2024, 19 U 65/24, Rn. 47; OLG Hamburg Urteil vom 20. Februar 2024, 10 U 44/23, Rn. 28; OLG München GRUR-RS 2024, 19897, Rn. 17). Soweit das OLG Celle (Urteil vom 1. März 2023, MMR 2023, 864) die dem Teilnehmer eingeräumte Möglichkeit, Fragen zu stellen, zur Lernerfolgskontrolle für ausreichend erachtet hat, überzeugt dies ausgehend vom Wortlaut des § 1 Abs. 1 FernUSG, in dem es um eine Überwachung des Lernerfolgs geht, nicht. MMR 2023, 864) die dem Teilnehmer eingeräumte Möglichkeit, Fragen zu stellen, zur Lernerfolgskontrolle für ausreichend erachtet hat, überzeugt dies ausgehend vom Wortlaut des § 1 Abs. 1 FernUSG, in dem es um eine Überwachung des Lernerfolgs geht, nicht. Bei der Würdigung des vertraglich Vereinbarten handelt es sich indessen um eine dem Tatrichter überlassene Einzelfallentscheidung.[…]“
Die Naumburger Oberlandesrichter sparten erkennbar auch nicht mit Kritik am „Skandalurteil“ des OLG Celle vom 1.3.2022.
Auch von negativer FernUSG-Rechtsprechung betroffen?
Wir haben das hier berichtete Verfahren vor dem OLG Naumburg erst in der zweiten Instanz übernommen. Die Vorzeichen waren seinerzeit nicht die besten. Dennoch konnten wir das Oberlandesgericht Naumburg von der Unrichtigkeit des Urteils des Landgerichts Dessau-Roßlau überzeugen. Damit hat unsere Kanzlei bereits das dritte Pro-Coaching-Urteil eines Oberlandesgerichts in Deutschland für einen Coaching-Anbieter erstritten und deren Rechte damit insgesamt gestärkt.
Bitte lassen Sie sich in einem gerichtlichen Verfahren stets hinreichend anwaltlich und vor allem auch spezialisiert vertreten. Denn wer erst einmal ein ungünstiges Gerichtsurteil gegen sich in der Welt hat, der muss damit rechnen, dass andere ehemalige Kunden nachziehen und ebenfalls versuchen werden, Geld zurückzuerlangen. Diese Spirale kann endlos und existenzbedrohend werden. Machen Sie daher bei der Anwaltswahl keine Experimente. Bei Bedarf unterstützen KLÄNER Rechtsanwälte Sie gerne.
