OLG Nürnberg: FernUSG nicht anwendbar bei B2B-Verträgen

Reseller CopeCart gewinnt Klage

Ist das Thema Fernunterricht / ZFU für Coachinganbieter im B2B-Verkehr jetzt erledigt? Die Rechtsprechung entwickelt sich zumindest in diese Richtung. Nun hat sich nämlich auch das Oberlandesgericht Nürnberg mit deutlichen Worten der Auffassung angeschlossen, die von unserer Kanzlei bereits seit über drei Jahren vertreten wird – nämlich dass das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) ein Gesetz zum Schutze von Verbrauchern ist – und im unternehmerischen Verkehr (B2B) deshalb keine Anwendung findet (OLG Nürnberg, Urt. v. 5.11.2024 – Az. 14 U 138/24). Im Urteil heißt es ausdrücklich:

a) Das FernUSG ist nur auf Verbraucher und nicht auch auf Unternehmer anwendbar.

aa) Für die Anwendung des FernUSG nur auf Verbraucherverträge spricht die Begründung des Gesetzes. Danach soll das FernUSG den Teilnehmer am Fernunterricht unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes sichern und sich in die übrigen Bemühungen zum Schutz der Verbraucher wie z.B. das Abzahlungsgesetz und die Regelungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, des Rechts der Reiseveranstalter oder der Immobilienmakler einreihen (BT-Drs. 7/4245, S. 13 und 32; vgl. auch Hinweis des Kammergerichts Berlin vom 22.06.2023 – 10 U 74/23, Bl. 51 f. d. OLG-Akte). Außerdem wird im Zusammenhang mit der Kompetenz des Bundes zur Regelung einer Zulassungspflicht für Fernlehrgänge und der Versagungsgründe aus Art. 74 Nr. 11 GG betont, dass zum Recht der Wirtschaft auch z.B. Vorschriften, die eine wirtschaftliche Betätigung unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes regeln, gehören und das FernUSG als Verbraucherschutzregelung zu charakterisieren ist (BT-Drs. 7/4245, S. 34).- – – – – –

bb) Der Umstand, dass das FernUSG den Begriff des Verbrauchers – abgesehen von § 3 Abs. 3 FernUSG – nicht verwendet, und – anders als z.B. in § 1 Abs. 1 VerbrKrG a.F. und § 6 Nr. 1 HWiG a.F. – keine gesonderte Vorschrift enthält, die die Anwendung des Gesetzes im Ergebnis explizit nur für Verbraucherverträge vorschreibt (OLG Celle, Urteil vom 01.03.2023 – 3 U 85/22, juris Rn. 48), führt nicht dazu, dass von der Anwendbarkeit des FernUSG auch auf Unternehmer auszugehen ist. Denn im Jahr der Verabschiedung des FernUSG am 24.08.1976 gab es keine Legaldefinition für Verbraucher. So wurde § 13 BGB in der Fassung vom 27.06.2000 durch Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27.06.2000 eingefügt.- –

Schließlich regelt § 3 FernUSG Form und Inhalt des Fernunterrichtsvertrages und bestimmt in § 3 Abs. 2 FernUSG, dass die dem Verbraucherschutz dienenden Informationspflichten des Unternehmers nach § 312d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 246a EGBGB (vgl. MüKoBGB/Wendehorst, 9. Auflage 2022, § 312d Rn. 1, m.w.N.) gelten. Dies ist ebenso ein Indiz dafür, dass das FernUSG nicht auch auf Unternehmer anwendbar ist.“

Das Oberlandesgericht Nürnberg hebt damit ein Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18.12.2023 zum Az. 13 O 2839/23 auf, mit dem ein paar „Social Media Kanzleien“ insbesondere auf Instagram und TikTok auf Mandantenfang gegangen waren. Wir hatten diese Art der Werbung bereits mehrfach kritisiert. Das Oberlandesgericht stellt im Urteil auf die historische Gesetzesbegründung zum FernUSG ab, wonach eine Ausweitung des Anwendungsbereichs des FernUSG in den B2B-Bereich nicht vorgesehen worden wäre. Das OLG Nürnberg schließt sich damit dem überzeugenden Hinweis des Kammergerichts Berlin vom 22.6.2023 an. Der Reselleranbieter CopeCart aus Berlin hat die vorliegende Klage damit gewonnen. Der ehemalige Kunde hingegen bleibt nun auf einem Berg von Kosten sitzen, die bei einem Streitwert von über 20.000,00 Euro mit Sicherheit hoch vierstellig sein werden.

Keine Entwarnung für den B2C-Bereich

Im B2C-Bereich hingegen besteht weiterhin die Möglichkeit, dass ein Angebot eines Coachinganbieters im Einzelfall als „Fernunterricht“ qualifiziert wird und damit ZFU-pflichtig ist. Aber auch hier darf nicht pauschal „über einen Kamm geschert“ werden. Jeder Anbieter und jede Anbieterin hat es selbst in der Hand, ein Angebot so auszugestalten, dass man im Ergebnis nicht in den Anwendungsbereich des FernUSG (und in die damit einhergehenden verschärften Pflichten) gelangt. Darüber hinaus kann auch die Zertifizierung eines B2C-Coaching-Angebots bei der ZFU in Köln unter Umständen eine Option sein. Hier ist jedoch Vorsicht geboten, um von der ZFU für Zeiträume in der Vergangenheit nicht noch unnötig in Anspruch genommen zu werden.

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Bei Bedarf beraten wir Sie gerne zu Ihrem Angebot, zur Gestaltung von Verträgen und AGB oder auch der Anmeldung Ihrer Angebote bei der ZFU in Köln. KLÄNER Rechtsanwälte blicken auf eine fast zehnjährige Erfahrung bei der Beratung von Coachingdienstleistern und Agenturen zurück.  Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.

Hinweis: Das Urteil des OLG Nürnberg vom 5.11.2024 wurde für die Beklagte von der Kanzlei Hanselaw (Hammerstein und Partner) erstritten

Tobias Kläner
Rechtsanwalt
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